Es ist unvermeidlich: Zu dieser Zeit des Jahres müssen auch wir unsere wilden Spekulationen gründlich analysierten Vorhersagen für die Mobile Trends 2017 machen. Einiges kann man schon längst erahnen, wenn man 1 + 1 zusammen zählt. Anderes ist (ganz unten) auch nur Wunschdenken. Dass wir im Vorjahr gar nicht schlecht lagen, ist im Blog nachzulesen.

Wir leben in einer zunehmend mobil-vernetzen Zeit und für viele wird es höchste Zeit, sich eine mobile Strategie zuzulegen. Das Handy war schon Anfang 2015 bei 80 Prozent der Nutzer 24 Stunden lang im Umkreis von nur einem Meter zu suchen. 72 Prozent aller Nutzer checken ihr Handy mindestens einmal pro Stunde. Die meiste Zeit davon – 90 Prozent – wird in Apps verbracht.

Das Feld hier ausschließlich Facebook, Google & Co. zu überlassen, kann mittel- bis langfristig kostspielig enden.

Und so werden wir heuer den Trend sehen, dass selbst kleine und mittlere Unternehmen Apps und dedizierte Angebote im mobilen Web für sich entdecken. Was sind die weiteren großen Trends der mobilen Welt in 2017?

1. Micro Moments

Die Internetnutzung am Handy folgt anderen Gesetzen als am Desktop oder Notebook. Niemand will hier lange suchen, um die richtige Information zu finden. Genutzt werden zunehmend nur Angebote, die die richtige Antwort am richtigen Ort zur richtigen Zeit liefern. Um überhaupt am Gerät des Kunden, Besuchers oder Nutzers präsent zu sein, gilt es, den Kontext zu berücksichtigen.

Die erfolgversprechende Präsenz während dieser Micro Moments erfordert allerdings umfangreiche Planung der Inhalte. Neben der Investition in mobile Angebote muss man sich ständig Fragen stellen wie “Was könnte wann und wo nachgefragt werden?”. Mobiles Marketing ist demnach keine schnelle Einmal-Sache sondern ein kontinuierlicher Prozess, der mit ständigem Lernen aus Daten einher geht.

Drei Kriterien gilt es dabei zu erfüllen:

  • Dabei sein: Man muss solche Micro Moments in der eigenen Branche vorhersagen können, um im Bedarfsfall das Gewünschte zu liefern.
  • Nützlich sein: Ohne Relevanz läuft gar nichts und dies bedeutet, nicht nur verkaufsbezogene Inhalte zu bieten, sondern größtmöglichen Nutzen zu stiften.
  • Schnell sein: Micro Moments heißen nicht nur so, sie sind auch kurz. Zu groß ist die Ablenkung an allen Orten und zu jeder Zeit, als dass der Konsument lange Wartezeiten in Kauf nehmen würde. Hier spielen optimierte Web-Angebote für Handys ihre Vorzüge gegenüber dem Responsive Web (das immer noch allen Ballast vom Desktop-Web mitschleppt, nur anders anzeigt) aus.

Weil wir gerade beim mobilen Marketing sind: Smartphones befeuern auch das “Out of Home-Advertising”, weil sie dafür ein perfektes Response-Tool sind. Displays im öffentlichen Raum ersetzen zunehmend Papierwände und werden mit Beacons endlich auch smarter.

Rein statische Kampagnen haben damit ausgedient und heute wird eine kontinuierliche Wartung der Inhalte vorausgesetzt, die noch dazu auf den Standort oder die Situation des Nutzers eingehen können. Die Technik dafür ist da.

2. Aus Android wird Andromeda

Bild vom Android Graden in Google
 

Mit 85 Prozent wuchs der Marktanteil von Android auch 2016 weiter an. Apples iOS liegt bei 14,3 Prozent, die restlichen 0,7 Prozent teilt sich Microsofts Windows Phone mit allen anderen mobilen Betriebssystemen.

Dennoch gibt es Frust in Mountain View. Die aktuelle Android version 7 („Nougat“) wurde zwar schon am 22. August veröffentlicht, erreichte aber bis Dezember gerade einmal eine Marktdurchdringung von 0,4 Prozent t. Langsamer ist noch keine Android-Version gestartet und das, obwohl Google den Hardware-Herstellern nun schon sechs Monate vor dem Launch regelmäßig Vorabversionen zukommen lässt.

Dahinter steckt auch ein gravierendes Sicherheitsproblem, zumal selbst kritische Updates nur in Ausnahmefällen bei den Nutzern ankommen. Das und die Abhängigkeit vom Java-Eigentümer und Erzfeind Oracle könnte bei Google zu einem radikalen Wandel führen. Android könnte schon 2017 ein Ablaufdatum erhalten!

Ein völlig neues mobiles Betriebssystem mit dem Codenamen Andromeda geistert seit einiger Zeit durch die Gerüchteküche. Es soll vor allem bei der Entwicklung von Apps große Veränderungen mit sich bringen. Java könnte zugunsten der von Google entwickelten Googles Sprache „Go“ weichen. Sie ist moderner und entwicklerfreundlicher als Java. Außerdem wird Code damit deutlich schneller ausgeführt. Schlussendlich soll Andromeda auch Chrome OS ersetzen und zu einer einheitlichen Plattform (ähnlich wie Windows 10) werden.

Spannend wird, wie Google die Übergangsperiode gestalten wird und wie sehr man Hardwarehersteller künftig an die Kandare nehmen wird. Im Juni, anlässlich der Entwicklerkonferenz I/O, werden wir mit Sicherheit mehr erfahren.

4. Smarte Verpackungen

Der QR-Code ist längst nicht tot. Im Gegenteil: Wir sahen schon 2016 ein deutliches Comeback, das sich 2017 noch weiter verstärken wird. Der Grund liegt in seinem Nutzen und der Tatsache, dass er kostenlos überall aufdruckbar ist – und im Grunde macht er ja nur eines: eine URL aufrufen. Diese URL könnte man locker auch auf die Packung drucken, ist so halt nur mühsamer zu nutzen.

2017 werden wir sehen, dass speziell Produktverpackungen immer öfters mit einem QR-Code (im hochpreisigen Segment auch mit NFC-Chips) versehen werden. Die dadurch entstehenden Möglichkeiten sind vielfältig:

  • Handbücher, die bislang kaum wer lesen wollte, lassen sich durch die Digitalisierung neu erfinden. Durch Videoanleitungen und anderen multimediale Inhalte lassen sich Produktfeatures einfacher erklären und die Inbetriebnahme mit allen Funktionen auch für weniger kundige Nutzer vereinfachen.
  • Supportkosten sinken dadurch ebenso wie die
  • Logistik- und Druckkosten. So braucht es nicht mehr fette Handbücher für alle Sprachen und der Lagerraum für die Nachschlagewerke in einzelnen Sprachen wird verringert.
  • Die Digitalisierung eröffnet auch neue Geschäftsmodelle – etwa, wenn Kunden Zubehör oder Betriebsmittel einfacher und schneller nachbestellt werden können. Auch lässt sich künftig die Produktdifferenzierung trotz einheitlicher Hardware einfacher gestalten: die Funktionalität eines elektronischen Geräts (von der Waschmaschine bis zum Fernseher) wird künftig über die Software definiert. Das ermöglicht nachträgliche Upgrades überhaupt erst – allerdings nur, wenn das Gerät mit dem Internet verbunden ist.
  • Storytelling steigert die Verbundenheit zu einem Produkt oder einer Marke. Das wird speziell bei Lebensmitteln (den Bauer zu Wort kommen lassen) von Bedeutung sein.

Solch ein digitaler Mehrwert lässt sich kinderleicht am Smartphone umsetzen. Das stationäre Internet tut sich da deutlich schwerer.

4. Apps schöpfen mehr Potenzial aus

Ein Mann malt „Apps“ auf eine Glasscheibe
 

iBeacons und Eddystones werden sich 2017 im mobilen Marketing-Mix etabliert haben. Bei der Qualität der Beacon-Apps wird sich allerdings die Spreu vom Weizen trennen. Wer nicht auf zeitgemäße User Interfaces setzt oder die Funktionalität von Smartphones bestmöglich ausnutzt, wird bei Kunden kaum eine Chance haben.

Unternehmen, die sich (trotz sinkender Entwicklungskosten immer noch teure) Apps leisten, wollen, dass diese auch aus dem Vollen schöpfen. Einfache Web-Container zu weit überteuerten Preisen haben ausgedient, schnelle native Apps mit erweiterter Funktionalität sind “in”. Was ist dabei gemeint? Welche Anforderungen kommen auf Entwickler zu?

  • Cast-Interfaces: Sowohl Android als auch iOS unterstützen das Streaming von Audio-Dateien und Videos auf Fernseher oder Bluetooth-Geräte wie Autos und Stereoanlagen. Dies nutzen allerdings die allerwenigsten Apps. “Wieso?”, fragt man sich, wo doch viel Geld in Videoinhalte investiert wird und die Streaming-Integration nur ein paar Zeilen Code braucht.
  • Durchdachte Einführungen (eventuell mit Animationen) beim ersten App-Start werden an Bedeutung gewinnen, um die App und deren wichtigste Funktionen zu zeigen.
  • Die wenigsten Entwickler scheinen sich Gedanken über Androids App-Streaming gemacht zu haben. Dabei taucht eine App in Googles Suchergebnissen auf und kann genutzt werden, ohne sie installieren zu müssen. Gerade bei Anwendungen, für die man sich für ein paar Stunden keine App installiert (z.B. im Museum) kann das eine große Chance bedeuten.
  • Barrierefreiheit ist zwar schon längst Pflicht, allerdings sind die allerwenigsten Apps für Screenreader optimiert.
  • Abkürzungen via 3D-Touch am iPhone (bei Android erst ab 7.0 verfügbar) sollten bald zum fixen Bestandteil von Apps werden.
  • Benachrichtigungen sollten über einen Einzeiler hinausgehen, den Kontext berücksichtigen und weitere Funktionen (Media Control oder Navigationslink) anbieten.
  • Einen Mehrwert durch die Integration in Drittdienste stiftet kaum eine App – ein Wunder, wo es doch für die persönlichen Assistenten Amazon Alexa, Siri, Google Assistant oder Microsofts Cortana durchaus schon erste Schnittstellen gibt.

Schnell zusammengestoppelte 08/15-Web-Apps sind mega-out! Nativen Apps, die je nach Anwendungszweck einen deutlichen funktionalen Mehrwert sowie ein durchdachtes Bedienkonzept bieten, gehört die Zukunft.

Alle Arbeit dem App-Entwickler zu überlassen, ist nicht möglich. Die Gestaltung der Features und Inhalte (wichtigster Bestandteil solcher Projekte) bedarf umfangreicher Ressourcen im Unternehmen selbst (siehe auch Punkt 1). Und beim Content braucht es Mitarbeiter, die technisch aus dem Vollen schöpfen können und multimedial einiges draufhaben. Denn vielfältige multimediale Darstellungsformen – insbesondere Audio und Infografiken – sind stark im Kommen.

5. Roaming-Aus Mitte Juni

Zwei Touristen mit Karte und Smartphone
 

Ab 15. Juni könnte es in den mobilen Netzwerken in einigen touristischen Hotspots zäher werden. Der Grund: Italiener, Deutsche, Niederländer und all die anderen Touristen können ihr Handy so verwenden, wie sie es von zu Hause gewohnt sind. Ab da dürfen keine Aufschläge für das Roaming innerhalb der EU sowie in Liechtenstein, Norwegen und Island mehr verrechnet werden. In unserem Blog haben wir schon mehrfach darüber berichtet.

Damit stellen sich aber auch neue Herausforderungen für Tourismusverbände, Museen und ähnliche Einrichtungen, die sich möglichst bald schon für die nächste Sommersaison vorbereiten müssen.

Gewinner 2017

  1. Androiden von Nokia kommen und werden ein Hit. Mit Finnland haben sie allerdings nichts mehr zu tun.
  2. Cloud-Computing wird normal und skalierbare Plattformen zur Notwendigkeit für Anbieter. Immer mehr Firmen werden serverless.
  3. Galileo-Navigationssystem startet durch und 2017 wird kaum ein mobiles Gerät ohne die Unterstützung ankommen. Während einige der wichtigsten Chipsätze (Broadcom BCM4774, Intel WCS 2100, Mediatek MT6595, Qualcomm Snapdragon 435, 617, 625, 650, 652 und 820) dafür bereits fit sind, schaut es bei den Handys noch mau aus. Aktuell gibt es laut der Gerätedatenbank erst zwei Smartphones am Markt, die Galileo unterstützen: das bei uns wenig bekannte BQ Aquaris X5 Plus und das Huawei Mate 9.

Verlierer 2017

  1. Wearables: Das Interesse an Smartwatches wird weiter zurückgehen.
  2. Simkarten sterben aus. Apple zeigte das mit dem großen iPad bereits vor, das eine fix eingebaute Simkarte hat und nur noch beim Provider des Vertrauens aktiviert werden muss. Überhaupt fragen wir uns schon lange: Wozu gibt es diese dämlichen Chips überhaupt noch? Hat irgendwer eine Idee, warum für ein E-Mail-Konto Benutzername und Passwort ausreichen, fürs Handytelefonieren aber ein Simkarte nötig ist?
  3. Chat-Bots: Warum sollte man Aufgaben wie die Buchung eines Fluges im Messenger machen, der einen ohnehin kaum versteht und wo es doch in dedizierten Apps schneller und einfacher von der Hand geht?

Unsere Wünsche für 2017

  1. Keine Werbung in den Messengern: WhatsApp, FB Messenger, Google Allo oder Apples iMessage werden ihre Reichweite irgendwann einmal zu Geld machen wollen. Wollen wir hoffen, dass dies nicht zu aufdringlich wird.
  2. Die Akku-Technik macht Dank der Forschung in der Automobilindustrie einen kräftigen Sprung nach vorne.
  3. Werden Augmented Reatlity oder Virtual Reality etwas reißen? Hoffentlich, allerdings nur wenn es endlich einen (de facto) Standard für Inhalte und gute Werkzeuge für dessen Erstellung gibt.

Der Kalender für 2017

  • 10 Jahre iPhone: Am 9. Jänner 2007 stellte Steve Jobs das tatsächlich bahnbrechende Gerät vor.
  • Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas: 5. – 8. Jänner 2017
  • Mobile World Congress (MWC) in Barcelona: 27. Februar – 2. März 2017
  • CeBit, Hannover: 20. – 24. März 2017
  • Apple WWDC: Juni 2017
  • Google I/O: Mai oder Juni 2017

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