Es ist unvermeidlich: Zu dieser Zeit des Jahres müssen auch wir unsere wilden Spekulationen gründlich recherchierten Vorhersagen für 2016 machen. Einiges kann man schon längst erahnen, wenn man 1 + 1 zusammen zählt. Anderes ist (ganz unten) ist auch Wunschdenken.

Ganz allgemein kann man sagen, dass 2016 ein extrem spannendes Jahr für Mobile wird. Apple wird wieder ein komplett neues iPhone (dünner, wasserdicht, noch bessere Kamera) bringen. Von den Geräten selbst erwarten wir uns allerdings keine Revolutionen – zu ausgereizt scheint die Technik, zu marginal die Neuerungen, als dass sie uns tatsächlich noch ein „Wow!“ entlocken könnten. Gespannt darf man auf die Entwickler-relevanten Neuerungen von iOS warten. Auch Google wird mit Android N wieder ein ganz großes Update bringen, während aber viele noch immer auf die (nur marginale) Aktualisierung auf Marshmallow warten.

Was sind die fünf wichtigsten Trends, die auf das mobile Marketing im kommenden Jahr warten?

Woman staring at her smartphone

5. Das Wettrennen der persönlichen Assistenten

Zu Siri, Google Now und Cortana gesellt sich 2016 auch Facebook M. Dabei handelt es sich um einen, in den Messenger integrierten Assistenten, der auf Fragen, Wünsche und Befehle von Usern in Form eines virtuellen Chat-Buddies reagiert.

Die Möglichkeit zur Eingabe von Sprachbefehlen in Smartphones – egal, ob bei der Web-Suche unterwegs, beim SMS-Diktat oder zur Steuerung von Handyfunktionen – wird immer mehr kommen. Digitale Assistenten wie Siri können aber auch Unternehmen helfen, besser und relevanter gefunden zu werden. Künftig werden sie alle auch Funktionen von Unternehmens-Website nutzen oder Datenbanken abfragen können. Apple, Google, Microsoft und Facebook werden dafür auch Metadaten, Befehle und Schnittstellen anbieten. Die Beschäftigung mit diesen Tools ist dringend angeraten.

Woman laughing at her smartphone while shopping

4. Das Jahr der Leuchtfeuer

Beacons sind kleine Bluetooth-Sender, die schon in vielen Bereichen des Einzelhandels oder in Sportstätten Einzug gehalten haben … allerdings erst in den USA. In Europa beschäftigt sich trotz des enormen Potenzials noch kaum jemand mit dieser Technik des Proximity Marketings (engl. „Marketing in der Nähe“).

facebook beaconKommt ein Kunde mit einer installierten App in die Nähe eines Beacons (engl. „Leuchtfeuer“), kann eine Benachrichtigung ausgelöst oder ein spezieller Inhalt angezeigt werden.

Ende 2016 sollten schon deutlich mehr Beacons als aktuell ausgerollt sein. Ins Bewusstsein von Unternehmern werden sie Dank Facebook kommen. Im Sommer 2015 kündigte das soziale Netzwerk an, solche Bluetooth-Sender an Firmen zu verteilen. Kommt ein Besucher mit installierter Facebook-App an so einen Ort, wird eine Aktion ausgelöst: z.B. eine Aktion wird angekündigt oder eine Info bzw. ein Foto angezeigt.

Für Technologieanbieter wie xamoom ist Facebook damit keine Konkurrenz. Im Gegenteil: Es schafft wichtige Aufmerksamkeit dafür, was mit Beacons möglich ist. Den ganz Kleinen sollte das Gebotene ausreichen. Mittlere und größere Betriebe können sich ohnehin ganz an Facebook auszuliefern. Und wer weiß, wann die Amerikaner dafür Geld haben wollen.

Spannend wird zu sehen, wie Google seine Beacons (Eddystones genannt) zur Reife bringen wird. Während iBeacons sowohl mit iPhones als auch Android zusammenarbeiten, lassen sich Eddystone-Beacons derzeit nur mit Chrome am iPhone nutzen. Auch wenn man dafür keine App braucht, sondern der mobile Browser genutzt wird, das Gebotene ist einfach noch zu wenig, um irgendwen vor den Ofen hervorzulocken. xamoom gehörte übrigens zu den ersten, die Eddystones unterstützen. Der Nutzen für unsere Kunden ist halt noch bescheiden. Noch, aber wer weiß …

Artist's impression of a Galileo satellite

3. Erstes Lebenszeichen von Galileo

Im nächsten Jahr geht es Schlag auf Schlag beim Hochschießen von Galileo-Satelliten. Die Flotte der europäischen Navigationssatelliten sollte auf 15 ansteigen, bis zum Vollbetrieb im Jahr 2020 sind 30 Satelliten geplant. 2016 startet der Regelbetrieb.

Weil Galileo grundsätzlich kompatibel zu GPS ist, werden wir zusätzlich zu den 31 US-Satelliten dann einfach doppelt so viele Navi-Trabanten zur Verfügung haben, was generell eine schnellere Ortung bedeutet und speziell in den Straßenschluchten von Städten für höhere Genauigkeit sorgen wird. Vorhandene Geräte sollten schon jetzt kompatibel sein. In der Praxis wird es wohl ein Software-Update brauchen. Ob die Hersteller das anbieten werden, ist offen. Um den vollen Funktionsumfang von Galileo mit seiner Zwei-Wege-Kommunikation nutzen zu können, wird es aber sicher neue Hardware brauchen.

Wir rechnen damit, dass 2016 alle namhaften Hersteller Geräte anbieten werden, die für beide westlichen Navigationssysteme (GPS, Galileo) und das bereits jetzt vielfach unterstützte russische GLONASS zertifiziert sein werden.

People going on a ski tour

2. LTE bringt Speeeeeeeeeeeed in die Alpen

2016 werden die ersten Mobilfunkbetreiber in Europa LTE-Advanced einführen und damit sagenhafte Bandbreiten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde anbieten. Am Land und speziell im alpinen Raum wäre man schon mit einem Bruchteil dessen zufrieden, aber auch da sollte sich eine Menge tun.

Bereits 2013 wurden Frequenzen der„Digitalen Dividende“ (ehemaliges Analog-TV) mit ihren 800- und 900 MHz-Bändern für die LTE-Nutzung versteigert. Durch die niedrigeren Frequenzen sind bei geringeren Bandbreiten deutlich höhere Reichweiten möglich. Wenn diese nun ausgerollt werden, könnten Sendemasten ein größeres Gebiet versorgen, was ab nächstem Jahr gerade im ländlichen Bereich spürbare Verbesserungen mit sich bringen wird.

Apps on a smartphone

1. Der große Mobil-Boom

Es klingt paradox, ist aber ein messbarer Trend: Während das Gedränge in den App-Stores immer ärger wird, steigt dennoch die Anzahl an Unternehmen, die eigene Apps entwickeln werden.

Ablesen kann man das schon jetzt anhand der USA. Im zweiten Quartal 2015 wurde der App- und Web-Traffic von Mitarbeitern von Opera Media Works analysiert. Während laut dieser Studie in Europa der mobile Web-Traffic noch deutlich vorne war, ist das Verhältnis in den USA genau umgekehrt. Über den Teich setzen offenbar schon länger viel mehr Unternehmen auf eigene Apps.

Infographic: Apps vs. Mobile Web

Quelle: Opera Media Works

Die eigentliche Frage bleibt mit dieser Statistik aber unbeantwortet: Sind die USA im Trend und damit vor Europa und Asien? Ungeachtet der Frage nach Apps oder mobilem Web gibt es jede Menge guter Gründe sich endlich eine Mobil-Strategie anzueignen:

  • Smartphones sind bislang erst sehr sporadisch genutzte Instrumente im Marketing-Mix und das obwohl sie immer mehr zum wichtigen Berührungspunkt zwischen Firmen und Kunden werden. Viele Kaufentscheidungen werden schon seit einiger Zeit mobil getroffen oder zumindest unterstützt.
  • Anders als im stationären Web kann man mobilen Nutzern nicht einfach alles aufdrängen. Sie suchen sehr konzentriert genau jene Informationen, die sie im Moment benötigen. Während das Web statisch ist, müssen mobile Lösungen auf den Kontext (Ort, Objekt, Situation, Zeit etc.) reagieren.
  • Es braucht ein Umdenken, da das „One size fits all“ längst nicht mehr stimmt. Dies betrifft sowohl das Design (full mobile statt nur responsive) als auch die Inhalte.

Das Problem bei der App-Entwicklung ist der Spagat zwischen hohen Kosten einerseits sowie andererseits sinkenden Installationszahlen einzelner Apps bei gleichzeitig immer mehr Gedränge in den Stores. Die Lösung dafür kann eigentlich nur von günstigerer App-Entwicklung durch vorgefertigten SDKs und einfach zu integrierenden Schnittstellen (siehe unsere Entwickler-Seiten) kommen.

Die Notwendigkeit für eigene Apps wird vor allem von drei technischen Entwicklungen getrieben:

  • Google gab im November 2015 bekannt, bald auch „App-only-Content“ auf Suchergebnisseiten anzuzeigen. Apps müssen in der Folge nicht gleich installiert werden: Der Betrachter sieht den Treffer, klickt drauf und in dem Moment wird die App zum Nutzer „gestreamt“. Damit ist sie in dem Moment so bedienbar als wäre sie installiert.
  • Beacons: So cool sie auch sind – sie setzen native Apps voraus.
  • Eine ganze Armada an vernetzten Autos (Fiat, Honda, Audi, VW, Škoda, Seat, Alfa Romeo, Cadillac, Chevrolet, Chrysler, Citroen, Dodge, Ford, Opel, Hyunday, Jeep, Kia, Masserati, Mazda, Mitsubishi, Nissan, Peugeot, Renault, Subaru, SsangYong, Volvo, Suzuki; exklusiv in der Apple-Welt sind BMW, Mercedes, Porsche und Ferrari) kommt seit heuer oder spätestens ab 2016 mit Apples CarPlay und Googles Android Auto daher. Beide Systeme sind meist in einem Autoradio vereint und bieten weit mehr als nur eine Schnittstelle zum Abspielen von Musik und das Telefonieren per Freisprecheinrichtung. Wer die Möglichkeiten nutzen möchte – und davon gibt es genug, braucht native Applikationen. Mehr darüber in unserem Blog.

Gewinner, Verlierer und Wünsche

3 heads making different poses

Gewinner 2016:

  • USB Type C kommt endlich und wird 2016 in alle Flaggschiff-Phones mit Android und Windows Phone integriert. Die Zeit, in der man USB-Kabel auf drei Arten (so, nein so, doch so) anstecken konnte, ist somit bald vorbei. Wie schon beim iPhone-Stecker ist es bei USB C egal, wie herum das Kabel ins Gerät gesteckt wird. Zudem wird die USB-Verbindung zum PC oder Mac schneller.
  • YouTube könnte zum Videostreaming-Provider werden und Google wird damit Netflix und Amazon Prime Konkurrenz machen. Wie wir da draufkommen? Es wäre sinnvoll, möglich und Google hat 2015 mit YouTube Red auch schon erste Bezahldienste im Videobereich eingeführt.
  • Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) ist ziemlich zerfranst – jeder Hersteller elektronischer Geräte kocht sein eigenes Süppchen. Ein Eintopf, den selbst OpenSource-Projekte nicht recht aufzulösen vermag. Was passiert in solchen Fällen? Richtig: Die mächtigsten Firmen setzen DeFacto-Standards. 2015 nahm Apples HomeKit erste Fahrt auf und Google Brillo wurde vorgestellt. Mangels Alternativen und ihrer Nähe zu den Smartphones der Nutzer sollten diese beiden Systeme 2016 dem Thema Tempo geben.

Verlierer 2016:

  • Virtual Reality: VR-Brillen kommen mittlerweile von Facebook (Oculus Rift), Microsoft, HTC oder auch Samsung zu uns. Einzig Googles Billigausgabe namens Cardboard (verschenkt oder für ein paar Euro zu haben) hat eine gewisse Verbreitung. Die Technik ist beim ersten Mal recht cool auszuprobieren. Doch wer läuft tatsächlich mit einer Datenbrille herum? Richtig: niemand.
  • Wearables werden weiter eine Randerscheinung bleiben. Für Apples Verhältnisse liegt die Apple Watch wie Blei in den Regalen und trotz seiner Vielfalt werden Google Wear Uhren auch nur von Nerds gekauft. Wer will schon eine Uhr, die riesengroß ist und täglich an die Steckdose muss?
  • Windows Phone hat keine Zukunft mehr, auch wenn Microsoft gerüchtweise an einem neuen Flaggschiff-Phone arbeitet. Einen der letzten Sargnagel setzte der Softwareriese selbst mit einer App namens AppComparison. Eigentlich sollte die Anwendung zeigen, dass es die meisten Apps ohnehin auch für Windows Phone gäbe. In Wahrheit legt sie schonungslos das Gegenteil offen.

Unsere Wünsche für 2016:

  • Windows Phone stirbt doch nicht: Drei Player sind immer besser als nur zwei (Apple und Google), die den Markt dominieren.
  • Das iPhone 7 bekommt endlich volle Unterstützung von NFC.
  • Bluetooth-Beacons können auch ohne App genutzt werden. Die Hoffnung liegt hier – siehe weiter oben – auf den Eddystones.
  • Das Bashing von QR-Codes und NFC-Tags in weiten Bereichen der Werbebranche hört endlich auf und beide Techniken werden als das gesehen, was sie sind: Weitere Brücken zwischen realer Welt und dem Smartphone.

In diesem Sinne wünschen wir euch noch ein spannendes und erfolgreiches Neues Jahr.
Prosit 2016!

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